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Vor dem Haflinger Hof von Norbert Briesemeister steht ein kleiner alter Planenwagen. Wassertanks an der Seite und Kaffetöpfe auf einem Klapptisch lassen erahnen, dass er nicht nur zur Dekoration dort steht. Tatsächlich hat der Zweispänner eine lange Reise als „Wohnwagen“ hinter sich. Sein Besitzer ist Bernhard Badur, der aus dem 561 km entfernten Herstelle aus Nordrhein-Westfalen auf diese nostalgische Art nach Ummanz gereist ist. Zwölf Wochen hat er insgesamt dafür gebraucht, berichtet er, und 950 km ist er dann tatsächlich gefahren. Denn wenn man jenseits der Autobahn fährt bewegt man sich auf verschlungenen Pfaden, sieht dafür natürlich mehr.
Es sei schon etwas länger her, da hatte er einen Bericht über Norbert Briesemeister und seine Haflinger im Fernsehen gesehen und sich dabei gedacht das wäre doch mal ein Ziel. Irgendwann hatte er dann diesen Wagen in Bad Nenndorf gekauft und von dort die Teststrecke bis nach Hameln mit nur einem Pferd zurück gelegt.

Als Bernhard dann in Rente ging hat er sofort Nägel mit Köpfen gemacht. „Ich dachte mir worauf soll ich warten? Der Traum meines Vaters war es immer im Ruhestand mit Pferd und Wagen durch Mecklenburg zu fahren. Dann kam zwar der Ruhestand, aber auch eine Hüft OP und zum Schluss dann ein Schlaganfall. So konnte er seinen lang gehegten Traum nicht realisieren. Deshalb bin ich es jetzt einfach angegangen. Zum Teil mache ich dieses Reise nun auch für meinen Vater mit.“ Gesagt getan, die beiden Bolognais Pferde aus dem Nordosten Frankreichs sind mit ca. 1,70 m Größe und 850 kg zwei zuverlässige PS. Die Sommerlandschaft mit dem Planenwagen langsam zu durchfahren ist natürlich ein Abenteuer und nach einem langen Arbeits- und Familienleben ein ganz neues Lebensgefühl.
„Meine Motivation war zum einen die Entschleunigung“, meint Bernhard, „das Schönste ist aber, dass ich so viele wunderbare Menschen und deren Lebensgeschichten kennen lernen durfte. Ich freue mich, dass ich an vielen Orten so nett und willkommen aufgenommen wurde, so auch hier bei Norbert auf Ummanz.“

Immer voller Leichtigkeit ist die Reise mit diesem Gefährt aus einer anderen Zeit aber auch nicht. Auf den Landstraßen fährt es sich im Allgemeinen angenehm, aber wenn es streckenweise zu schnellem oder dichtem Verkehr kommt werden die Nerven von Pferden und Kutscher schon mal auf eine harte Probe gestellt. Dennoch, Bernhard hat seine Zeit-Reise nicht bereut. Gelassen dreht er sich eine Zigarette und schaut nach seinen Pferden. Bald geht es zurück, Stau frei und ohne geblitzt zu werden versteht sich. Sein zu Hause wird er dann vor dem ersten Herbstwetter erreichen.
Wir wünschen ihm auf jeden Fall eine gute Fahrt!!

(Ummanz im Juli 2017)