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Ich wohne in der Stadt. Wie lange ist es her, seitdem ich das letze mal keine Menschen um mich herum hatte, mein Unterbewusstsein keinen Werbeimpulsen auf Plakaten und Werbetafeln ausgesetzt war und mich kein Stimmengwirr oder Straßenlärm als ständiges Hintergrundgeräusch begleitete? Diese selbstverständliche akustische Kulisse des Alltaglebens blende ich normaler weise sowieso einfach aus. Daher kann schon ein wenig irritierend wirken, wenn sie  plötzlich einmal weg ist. Aber es ist (ent-)spannend!

Auf Ummanz gibt es Orte dafür. Es sind Plätze und Landstriche, die noch keinem Zweck zugeordnet wurden, weil sie so belassen wurden wie sie sind. Kein Plakat versperrt hier die Sicht, keine Blinkwerbung lenkt ab.

Hier bin ich einfach mal Landstreicher, gehe in die Stille, mitten in die Natur, ins Nichts und in die Einsamkeit. Wenn man beispielsweise ein kurzes Stück hinter dem Focker Strom rechts abbiegt in Richtung Tankow ist man schon mitten drin im wahren Leben. Hier ist absolut nichts los denke ich nach ein paar Schritten, ziemlich öde auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick sollte man aber mal auf Fernsicht schalten. Vor mir breitet sich die flache Landschaft unter einem weiten Himmel aus. Die Salzwiesen münden im Wasser der Vorpommerschen Boddenlandschaft und Greifvögel kreisen in der klaren Luft.

Kein Mensch weit und breit und eine winzige Panik kriecht mir kribbelnd den Nacken hoch. Es kommt mir vor als ob meine Sinne plötzlich geschärft sind. Ist das der Wind der da rauscht? Was raschelt da im Schilf? Ist das der Ruf eines Vogels und gibt es eigentlich gefährliche Tiere hier? (Die letzte Frage kann übrigens eindeutig mit „nein“ beantwortet werden.) Ich erlebe die Welt wie ein Kind, das zum ersten Mal den Garten wahrnimmt. Drauf einlassen und weitergehen! Da es hier keine Störfaktoren zum Ausblenden gibt darf ich die Gedanken einmal frei lassen. Und plötzlich war mein Kopf wieder voller Tagträume!

 

Bärbel aus Berlin